Streckenlänge: 42,195 km
Aufstieg: ca. 40 HM, Abstieg: ca. 40 HM
Höchster Punkt: 127 Meter
Einstufung: sehr schneller, flacher Stadtmarathon in toller Kulisse
Besonderheit: Zieleinlauf in die Frankfurter Festhalle! Total genial!
Höhenprofil (barometrische Messung):
Von Höhenprofil zu sprechen, ist eigentlich nicht angemessen, da die Höhendifferenzen minimal sind (achtet auf die Skalierung!). Auch ich habe als maximale Differenz (tiefster Punkt, höchster Punkt) die vom Veranstalter angegebenen 27 Höhenmeter gemessen. Tendenziell geht es auf den letzten 12 km nochmal leicht „bergauf“.
DNF is no option – Marathon der Leiden
Nach einer langen Saison, mit Beginn des Trainingsplans im Februar, war der Frankfurt-Marathon als letzter Wettkampf mit dem Zeitziel Sub3h noch auf meiner Agenda. Sechs Wochen vorher hatte ich erfolgreich meinen ersten langen Ultra beim P-Weg durchgezogen. Da ich gut regenieren konnte, hatte ich dann vier Wochen vor Frankfurt nachgemeldet und dann unglücklicherweise drei Wochen vor dem Frankfurt-Marathon eine Woche mit einer Erkältung herumlaboriert, die die eigentlich härteste Trainingswoche komplett eliminiert hatte. Toll. Hätte ich mir die Erkältung eine Woche vorher gefangen, dann hätte ich auf Basis der Erfahrungen vom letzten Jahr gar nicht gemeldet. Wenn zu Hause die ganze Familie mit Rüsselpest herumrennt, ist es immer schwierig ungeschoren davonzukommen… Konsequenz aus der Erkältung war eine 5-10 Schläge im Schnitt höhere HF, die erst in den letzten Trainingseinheiten vor dem Frankfurt-Marathon wieder auf ein normales Niveau sank. Die 3h hatte ich im Kopf dementsprechend fast schon abgehakt und mich auch 3:10 bis 3:15 h eingestellt. Mal schauen, was gehen würde.
Nach zwei aufeinanderfolgenden Jahren Frankfurt-Marathon hatte meine Frau nicht schon wieder Lust auf Sightseeing und Streckenbegleitung, und dank des späten Starts bin ich morgens erst nach Frankfurt angereist. Startnummernabholung und Kleiderbeutelabgabe waren schnell erledigt, so dass ich eine Stunde endlos erscheinender Warterei im Foyer des Messezentrums verbrachte. Etwa 30 Minuten vor dem Start habe ich mich dann im Startbereich eingefunden, um nicht wieder so weit hinten zu starten und ohne Ende Teilnehmer überholen zu müssen wie im letzten Jahr. Die Temperatur war mit knapp 20 Grad fast schon ein bisschen warm, allerdings wehte ein enorm böiger Wind und ich war froh, einen Einweg-Poncho für den Startbereich übergezogen zu haben.
Pünktlich um 10:30 Uhr ging es dann los. Die Luftballontrauben am Himmel blieben aus, da der Wind die Ballons völlig auseinanderwirbelte. Ich war gut positioniert und musste fast niemanden überholen, wurde gleichzeitig aber auch kaum überholt. Wenige Meter nach der Startlinie konnte ich bereits meine angestrebte Durchschnittsgewschwindigkeit von 4:15 min/km laufen. Die Beine fühlten sich locker an, die HF spielte auch mit. Nach wenigen Kilometern änderte sich das allerings schlagartig. Meine Beine fühlten sich schwer wie Blei an, völlig kraftlos. Was war denn das?! So ein Gefühl kannte ich nur von Kilometer 30 bis 35, hatte etwas derartiges aber noch nie zu einem so frühen Zeitpunkt erlebt. Ich musste zwangsläufig ein wenig Tempo rausnehmen und war bei km 8 tatsächlich mit dem Gedanken beschäftigt, ob ich überhaupt auf die andere Main-Seite laufen oder doch lieber Richtung Start abbingen und das Rennen beenden sollte.
In diese Gedanken vertieft, kam mein 4-Trails-Mitstreiter Florian von hinten aufgelaufen. Kurzes „Hallo“! Wir haben uns beide gefreut uns hier zufällig auf der Strecke zu treffen. Ich habe von meinem Dilemma berichtet und er meinte: „Komm, durchbeißen!“. Ich habe mir diese Worte zu Herzen genommen und mich damit auf die andere Main-Seite gequält. Eigentlich habe ich zu Distanzen ja eine positive Einstellung. Bei einem derart schlechten Gefühl wie in Frankfurt bekommen noch 34 zu laufende km auf Asphalt allerdings etwas Bedrohliches. Auf der anderen Main-Seite habe ich bei jeder Brücke überlegt „Brichst du ab?“, mich dann aber doch noch weiter gekämpft. Die Zwischenzeiten wurden immer schlechter, die Beine immer schwerer, die Gedanken im Kopf immer negativer. Die Herzfrequenz war im Nachhinein betrachtet zwischen km 5 und 10 vielleicht 3-4 Schläge zu hoch. Allerdings hätte ich mit dieser HF zumindest die Halbmarathonstrecke problemfrei laufen müssen. Sehr seltsam.
Zu allem Überfluss begann es zu meimeln wie aus Eimern. Eigentlich ja nichts Schlimmes, durch den starken Wind fühlte sich der Regen aber auch noch kalt an. Auch noch kalte Beine, nicht gerade erhellend für meinen Gemütszustand. Am Rand lagen immer wieder umgekippte Fahrräder, auch zwei Motorräder – ganz schön stark, der Wind… Ich habe mir gesagt, dass ich mindestens noch auf die nördliche Main-Seite zurückmüsse, um dann ab Höchst mit der Straßenbahn zurückzufahren.
Nach überqueren des Mains hatte ich bei km 26 meinen absoluten Tiefpunkt, bin ein paar hundert Meter gegangen und habe mit meiner Frau ein paar Kurznachrichten geschrieben: „Nicht mein Tag.“, „Was ist los?“, „Total schlecht drauf. Hätte schon bei 8 aufhören können.“! Kampf in meinem Kopf: Sollte ich in die Straßenbahn oder nicht? Quatsch. In den Alpen gäbe es auch keine Straßenbahn. Oder: Wer 74 km läuft, der wird hier wohl einen dämlichen Flachmarathon zu Ende bringen. Und sowieso, was sagt Andi immer: „DNF is no option“! Und da hat er Recht. Ich habe das Dingen angefangen, habe keine Schmerzen, sondern nur einen schlechten Tag, jetzt wird die Kiste zu Ende gebracht. Sind doch nur noch 16 km. Am Besten funktionieren solche Ansagen in meinem Kopf immer, wenn ich in Zeit denke: z.B. nur noch eine Stunde quälen. Damit kann ich besser leben als mit km-Angaben.
An der nächsten Verpflegung habe ich dann erstmal ordentlich zu Mittag gegessen: Zwei Gels, eine Banane, Wasser, Tee. Und los. Nach meiner Gehpause bei km 26 habe ich nur noch bei den Verpflegungsstellen Gehpausen eingelegt und bin den Rest durchgelaufen. Viele Teilnehmer, die mich in meiner Gehpause überholt hatten, konnte ich jetzt wieder zurücküberholen. Auf niedrigem Niveau konnte ich mein Tempo zwischen km 35 und 40 sogar nochmal steigern. Reine Kopfsache. Bei dem niedrigen Tempo konnte ich das Sightseeing ein wenig mehr geniessen und habe auch mal aktiv mitbekommen, wo ich gerade unterwegs bin – ein schwacher Trost. Ein letztes Mal lief ich längs die „Alte Oper“, über die Zeil und dann letztlich auf die Zielgerade. Irgendwo bei km 39-40 stand am Rand eine Samba-Band und macht Party als gäbe es kein „Morgen“ mehr. Ich hielt kurz an und mache eine einsame Laola-Welle für die Truppe – „Danke für die Party“! Das kam gut an und die Gruppe freute sich sichtlich. Ich konnte nochmal zulegen und lief immerhin 4:30 min/km auf den letzten Metern Richtung Messeturm. Hinter dem Messeturm wehte gefühlt ein Orkan und wir Läufer wurden fasst über die Absperrung geblasen. Dann der Einlauf in die Zielhalle: Großartig! Laute Musik, überall Leute die gut drauf waren, um mich herum nur Läufer die die Atmosphäre aufsogen!
Mit 3:24:48 bin ich ins Ziel gekommen. Eine herbe Enttäuschung nach den anderen guten Läufen in diesem Jahr. Vom Kopf her war es einer der schwersten Läufe, die ich bisher überhaupt durchgezogen habe, von daher bin ich froh, den Lauf überhaupt zu Ende gebracht zu haben. DNF in no option!
Erkenntnisse:
- Der Körper ist keine Maschine, und es können nicht immer die gewünschten Leistungen abgerufen werden.
- Nur noch zwei Saisonhöhepunkte, bei denen es um Bestleistung geht, sonst nur Vorbereitungsrennen.
- Kein Straßen-Marathon mehr nach einem Ultralauf. Markus hatte mich im Vorfeld bereits gewarnt: „Nach dem P-Weg-Ultra ging bei mir nichts schnelles mehr!“. Er hatte wohl Recht… ;o)
- Gedämpfteres Tempo, wenn die Vorbereitung nicht passt. Nach der Erkältung wäre es vermutlich besser gewesen, wenn ich von Anfang an mit 4:30 min/km gelaufen wäre.
- Solche Kämpfe im Kopf machen einen großen Teil des Ausdauersports aus. Ohne das Überwinden der eigenen Grenzen wäre es doch nur halb so schön… :o)
Ob ich in absehbarer Zeit nochmal Straße laufe? Keine Ahnung. Trails sind mir viel lieber, da dort das Laufen viel interessanter und abwechslungsreicher ist. Nächstes Jahr stehen Zugspitz Ultratrail und UTMB (falls ich einen Startplatz bekomme) auf der Agenda. Im Bereich Straße würde mich der Luxembourg Night Marathon reizen. Der ist zwar nicht bestzeitentauglich, aber im Wesentlichen geht es mir ja auch um den Spaß. Die Sub3h sind jedenfalls noch nicht abgeschrieben. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. :o)
Anbei noch das HF-Diagramm für alle Interessierten: