Per Zufall stolperte ich in den vergangenen Wochen über die Rheinsteig-Extremlaufseite, die sich mir in neuem Layout, mit neuem Veranstalter und einem Veranstaltungsdatum für 2015 präsentierte. Nachdem sich das alte Veranstalterteam aufgelöst und es 2014 keinen RHEX gegeben hatte (was ein Schock war!), sollte dieser tolle Lauf nun unter neuem Veranstalter wieder stattfinden.
Nach kurzem Blick in den Trainingsplan für den Lavaredo-Ultratrail war klar, dass der RHEX nicht perfekt passte, da er zeitlich nur 3 1/2 Wochen vor erstgenanntem Lauf stattfinden sollte. ich entschloss mich aber dennoch zu einem Start – schließlich bringe ich eine Portion Grundlagenausdauer und Regenerationsfähigkeit mit – und hatte somit am 31.05. einen neuen „Termin“ in Bonn. Und den RHEX konnte ich mir doch wirklich nicht entgehen lassen…
Es sollte mein fünfter Start beim RHEX werden: Auf veränderter Strecke, da der Start in ein anderes Gebäude verlegt werden musste. Mit knapp über 35 km Länge und mehr als 1.200 Höhenmetern garniert, zählt der RHEX auf seiner Streckenlänge zum anspruchsvollsten was NRW zu bieten hat. Landschaftlich ist die Strecke, die hauptsächlich über den original Rheinsteig führt, eh ein Traum und motiviert mich jedes Jahr auf’s neue zum Start.
Das Prozedere ist bei mir immer identisch: Frühes Aufstehen um 4:45 Uhr, schnelles Frühstück und schnelle Anfahrt nach Bonn. Dort dann Einsammeln der Startunterlagen, Fahrt zum Ziel nach Bad Honnef, Bahnfahrt zurück nach Bonn und Fußmasch zurück zum Start. Klingt nach straffem Programm, ist aber im genannten Zeitfenster gut schaffbar und ich stand 25 Minuten vor dem Start auf dem Sportplatz des Gymnasiums, direkt neben dem eigentlichen Startbereich am Rhein.
Im Gegensatz zum vorletzten Jahr, als ich eines der wenigen „Kamele“ mit Trinkrucksack war, hatten dieses Jahr viele Teilnehmer eine Trinkblase auf ihrem Rücken. Auch Laufstöcke, die ich auch zum ersten Mal beim RHEX dabei hatte, haben deutlichen Zuwachs erfahren. Man sieht, dass immer mehr Läufer zum Trailrunning kommen und auch ihre Ausrüstung entsprechend anpassen und nutzen.
Nach einer kurzen Ansprache durch den Veranstalter schlenderten wir gemeinsam zur Startlinie. Es war allerdings ein wenig Eile angesagt, da sonst das langsamere Teilnehmerfeld an einem kleinen Bahnübergang von einer Bahn aufgehalten (oder schlimmstenfalls überfahren) werden könnte. Viele Teilnehmer waren noch auf dem Weg zur Startlinie als bereits parallel an ihnen vorbei gestartet wurde. Ein lustiges Bild, da viele Läufer quer über die Wiese abkürzten – gut, dass es keine Nettozeitnahme gab… Die meisten nahmen es aber mit Humor, den RHEX gewinnt oder verliert man eh nicht am Rhein… :o)
Zum Einrollen führten rund zwei Kilometer der Strecke entlang des Rheins und durch Ortsteile von Bonn Richtung Siebengebirge, um dort über rund 100 Eisenbahnschwellen-Treppenstufen das Herz auf Fahrt zu bringen. Bezogen auf meinen Trainingsplan hatte ich vom Trainingswissenschaftler meines Vertrauens die Ansage, nicht alles zu geben, sondern mit leicht angezogener Handbremse zu laufen. Ich war daher froh am Faveaux-Häuschen anzukommen, und auf den ersten Metern bergab den Puls einfach wieder kontrollieren zu können.
Die nächsten Kilometer waren durch welliges Profil gekennzeichnet, auf dem ich einige Läufer überholte, aber auch selbst – immer wieder bergab – mehrfach überholt wurde. Bergab bin ich einfach nicht geübt genug und bremse zu viel – vielleicht muss ich mir mal ein paar Kilo anfuttern, um mehr Masse zu haben… Kurz vor dem Petersberg wurde ich von einer jungen Frau kassiert, die ein beachtliches Tempo drauf hatte, welches ich auch ohne Handbremse nicht würde mitgehen können. Hut ab! Wie ich später in den Ergebnissen sehen konnte, hat sie die Frauenwertung unter drei Stunden auch mit Abstand für sich entschieden. Chapeau!
Bis zu den Weinbergen von Dollendorf, die den ersten tollen Blick auf den Rhein freigeben, ist alles noch Spaß. Kurz später biegt der Weg allerdings scharf links Richtung Petersberg ab und führt, immer steiler werdend, zur ehemaligen Residenz des Bundes, einem heutigen Grand-Hotel. Ich konnte die Steigung relativ gut hinauflaufen, überholte zwei Teilnehmer, musste allerdings die letzten paar Meter unterhalb des Zauns in den Gehmodus schalten, um mit der HF nicht durch die Decke zu schießen. Lavaredo geht vor… An der Verpflegungsstelle stürzte ich fix einen Becher Wasser hinunter, um mich dann auf den Abstieg zu machen. Im Gegensatz zum vorletzten Jahr war die Strecke komplett trocken und war deutlich einfacher zu laufen. In meinen fünf Teilnahmen habe ich jetzt alle Wettersituationen durch: Vom trocken und warm, bis sintflutartig nass und kalt, Untergründe jeweils entsprechend…
Die Anstiege zum Geisberg und Drachenfels liefen gut und ich war froh, mit meinen Stöcken immer wieder ein wenig zusätzlichen Vortrieb zu haben. Der Drachenfels, dessen direkter Weg zur Aussichtsplattform seit einigen Jahren aufgrund eines Felssturzes gesperrt war, konnte in diesem Jahr erstmalig wieder auf der ursprünglichen Strecke erreicht werden – die meines Erachtens nach deutlich knackiger und anspruchsvoller ist. Auf der Aussichtsplattform war die nächste Verpflegungsstelle eingerichtet. Für Kuchen und die Aussicht hatte ich keine Zeit (und keine Luft!) und stürtzte stattdessen schnell ein Wasser hinunter. Zucker hatte ich in Form von Iso in meiner eigenen Trinkblase und als zusätzliche Gelpäckchen in meinem „Höcker“ und der war ja so mobil wie ich…
Der Abstieg vom Drachenfels, über steile Treppen und ruppige Trails, ist jedes Mal wieder ein Highlight der Strecke, und ich hatte wie immer Spaß in den Backen. Vom Ulanendenkmal in Rhöndorf folgte dann der längste Anstieg des Tages hinauf zur Löwenburg. Im steilen mittleren Anstieg war wieder der Gehmodus angesagt, den oberen Teil konnte ich aber wieder gut über die tollen Trails laufen lassen und überholte einige Teilnehmer. Dankbar stürzte ich an der Verpflegungsstation der Löwenburg einige Becher Wasser hinunter und machte mich an den längsten Abstieg des Tages, der über eine schnelle Forstautobahn hinab ins Schmelztal führt.
Unten angekommen wusste ich, dass nun mein persönlicher Hassberg, der Himmerich folgen sollte. Hier fehlen mir zum Durchlaufen eigentlich immer ein paar Körner (so auch dieses Mal), zumal der Trail im hinteren Bereich, bevor einen der dichte Wald auf eine Forstautobahn ausspuckt, immer steiler wird. An der willkommenen Verpflegungsstation stürtzte ich eine Cola hinunter und machte mich, gemeinsam mit zwei anderen Teilnehmern, über die Waldautobahn auf den Weg Richtung Bad Honnef und musste im flacheren Teil meinen Mitstreitern den Stockeinsatz erklären und Vorführen. Einer der beiden fährt in Kürze zum Eiger-Ultra, der andere nach Vorarlberg. Beiden kann ich nur zu Stöcken raten…
Der Abzweig, der vorletztes Jahr durch einen steilen Bach bergab geführt hatte, war in diesem Jahr einfach eine steile Schneise, an deren Ende der Wald uns wieder freigab und auf asphaltierte Wege ließ.
Mit gelöster Handbremse lief ich die letzten Kilometer Richtung Ziel, überquerte die dämliche Eisenbahnüberführung (die letzte Steigung beim Rheinsteig) und erreichte nach 3:15:02 h das Ziel. Auf meiner Uhr wären es zwar unter 3:15 h gewesen, aber das ist wohl dem kuriosen Start geschuldet und eigentlich egal. Durch die längere Strecke würde das vermutlich 3:08 h auf der Strecke aus dem Vorjahr entsprechen, also alles im grünen Bereich. Bei der Platzierung hatte ich es auf Platz 27 von 221 Männern (Gesamt 272) und auf Platz 8 meiner Alterklasse geschafft. Ein brauchbares Resultat und die Form für den Lavaredo scheint sich zu entwickeln.
Für Interessierte anbei noch mein HF-Diagramm. 164 HF-Schnitt, da wäre noch gut Platz nach oben gewesen. Der polarisierte Trainingsplan scheint gut aufzugehen. Ich bin gespannt wie sich der geringe, aber teilweise sehr intensive Trainingsplan für Ultratrails eignet. Nach dem Lavaredo werde ich davon berichten.
Großes Lob an den neuen Veranstalter, der den RHEX in bester Manier fortgesetzt hat. Weiter so! Ich bin nächstes Jahr wieder dabei!